Sind die neue Condor Business Class & Prime Seats im A330neo ihr Geld wert?

Sind die neue Condor Business Class & Prime Seats im A330neo ihr Geld wert?

Die Condor Business Class war schon immer ein solides Produkt, das vor allem zur Positionierung als beliebter „Ferienflieger“ passte und auf der Langstrecke vernünftigen Komfort bot – ohne nach den Sternen zu greifen (alter Testbericht). Doch glaubt man den Medienberichten und Blogartikeln der letzten Monate, so erleben wir nun eine Zeitenwende: Condor auf dem Weg in die europäische Champions League – kann das klappen?

Nach Jahren der Unwägbarkeiten (Thomas Cook Pleite, Corona-Pandemie) stehen jedenfalls endlich wieder die positiven Schlagzeilen im Fokus: Neuer Eigentümer, ein mutiges neues Streifendesign, eine Rundumerneuerung der Flotte – und damit auch immer mehr nagelneue A330-900neo auf der Langstrecke. Eine Maschine, die nicht nur deutlich mehr Effizienz bieten soll, sondern auch ein spürbares Plus an Features und Komfort.

Das wollten wir genauer wissen und haben uns daher für unsere Mauritius-Reise auf beiden Strecken in der neuen Condor Business Class eingebucht – genauer gesagt auf den sogenannten Prime Seats. Ist die neue Business Class ein gelungener Wurf oder eher alter Wein in neuen Schläuchen? Und halten die neuen Condor Prime Seats ihren Vorschusslorbeeren als Mini-First Class Stand? In diesem ehrlichen Erfahrungsbericht gebe ich gerne einen tieferen Einblick und meine Einschätzung.

Condor Business Class: Interior und Sitzkomfort

Das neue Interieur von Condor kann sich wirklich sehen lassen, die blau-weißen Streifen wirken keineswegs kitschig, sondern hochwertig und wohnlich mit einem beruhigenden Raumgefühl. Die A330-900neos von Condor verfügen über eine Dreiklassenkonfiguration (Econmy, Premium Economy sowie Business Class) mit Platz für 310 Passagiere. Insgesamt gibt es 30 Business-Class-Sitze, verteilt auf acht Reihen in einer 1-2-1-Konfiguration.

Die vier vordersten Plätze (1E, 1F sowie außen 2A und 2K) bilden dabei die sogenannten Prime Seats – doch dazu später mehr. Die 1-2-1 Anordnung empfinde ich als großen Vorteil, da sie jedem Business Class Passagier direkten Zugang zum Gang bietet. Gerade für Alleinreisende ist es angenehm, für den Toilettengang nicht erst über den Sitznachbar klettern oder diesen mitten in der Nacht wecken zu müssen. Paare, die nicht hintereinander sitzen möchten, wählen entsprechend die Doppelsitze in der Mitte.

Seatmap Business Class Condor Airbus A330-900neo Prime Seats Sitzkarte

Konkret entschied man sich in der neuen Condor Business Class für die Skylounge Core-Sitze von Safran, die versetzt angeordnet sind. Die Sitze sind dabei so ausgelegt, dass sie den Platz effizient nutzen und zudem mehr Privatsphäre bieten. Durch die Positionierung des Fußraums etwas seitlich des Vordersitzes wird der Platzbedarf für die Neigung jedes Sitzes minimiert. Wie es sich für eine moderne Business Class gehört, ist damit eine vollständige Liegeposition von 180 Grad möglich.

Mit einer Liegefläche von 199 Zentimetern war der Sitz auch für mich (1,89m groß) gut selbst mit ausgestreckten Beinen zum Schlafen nutzbar – ein klares Plus gegenüber vorherigen Modellen. Die richtige Einstellung zu finden ist derweil nicht ganz selbsterklärend, da die seitlich fix verbauten Tasten je nach Statur etwas kniffliger zu erreichen sind und oft erst auf den zweiten Druckpunkt reagierten. Hier hätte ich mir das Bedienpanel eher etwas höher oder flexibler gewünscht, aber nach wenigen Versuchen kommt man doch mit der Haptik und Funktionsweise gut zurecht.

Seit Juni 2023 gibt es nun sogar siebenlagige Matratzentopper für alle Business Class Seats in Condors A330neo, was den Liege- und Schlafkomfort noch weiter steigern wird.

Inflight-Entertainment & Technik – jetzt auch mit Bluetooth!

Auf technischer Seite verfügen die Sitze der Condor Business Class über persönliche Leselampen, USB-A / USB-C Ladeanschlüsse sowie eine Steckdose, großzügige Ablageflächen und ein Fach mit Tür, in dem z.B. Getränkeflaschen Platz finden. In allen drei Klassen wurden 4K Monitore verbaut, die eine Diagonale von 13,3 Zoll in der Economy und Premium Economy sowie 17,3 Zoll in der Business Class aufweisen. Auf den Condor Prime Seats in Reihe 1 kommen derweil 4K Monitore mit stolzen 24 Zoll Bildschirmdiagonale (60,96cm) zum Einsatz.

Die Bildschirme haben angenehme Kontrast-, Schärfe- und Schwarzwerte und spiegeln vergleichsweise sehr wenig, was ungestörten Filmgenuss ermöglicht. A propos Filmgenuss: Das Inflight Entertainment Angebot der Condor Business Class ist quantitativ beachtlich, hier kommt wohl seit einiger Zeit ein neues Serviceanbieter zum Einsatz. Zudem sorgen Kooperationen u.a. mit der ARD dafür, dass auch öffentlich-rechtliche Formate zu sehen sind. Condor selbst gibt den aktuellen Umfang mit „bis zu 250 Filmen und 160 Serien“ an.

Das aktuelle Programmangebot kann online schon vor dem Abflug eingesehen werden. Realistisch muss man sagen: Hier wird jeder die notwendige Unterhaltung für einen Langstreckenflug finden, wobei intensive Netflix- und Prime-Kunden viele der „Highlights“ bereits gesehen haben könnten. Ein sehr erfreuliches und absolut zeitgemäßes Feature ist derweil die Möglichkeit, die eigenen Bluetooth-Kopfhörer kabellos verbinden zu können. Mit meinen QuietComfort Earbuds von Bose klappte das sehr schnell, intuitiv und ohne Abbrüche, auch nach längeren Pausen stellte sich die Verbindung stets zuverlässig und stabil wieder her.

Mini First Class: Was können Condors neue Prime Seats?

Vom technischen Setup unterscheiden sich die Prime Seats – abgesehen von der Bildschirmgröße – nicht von den übrigen Sitzen der neuen Condor Business Class. Dennoch wurde an einigen Stellschrauben gedreht, um das Flugerlebnis noch weiter anzuheben. Zu den kleineren Aufmerksamkeiten zählen ein Korb mit süßen und salzigen Snacks, zudem wurde ein Amenity Kit sowie ein Set Pyjama-Loungewear aus Pullover und langer Hose in Anlehnung an Condors Streifendesign verteilt. Zu guter Letzt erhielten wir jeweils einen Voucher für das Internetpaket „Unlimited Chat“, welches zumindest für Whatsapp Kommuninkation ganz wunderbar funktioniert hat.

Rechtfertigt das allein den Aufpreis von mindestens 199 Euro (je nach Auslastung und Strecke) gegenüber den anderen Business Class Plätzen? Natürlich nicht – doch sind weder die Snackbox noch der Wifi-Voucher die eigentlichen Benefits der Condor Prime Seats: Die neue „Mini First Class“ hat spürbar breitere Sitze, ist durch die versetzte Bauweise und den lang gezogenen Sichtschutz vom Rest der Passagiere weitgehend abgeschirmt und bietet damit ein insgesamt noch exklusiveres Erlebnis an Bord. Am Fußende befindet sich nicht nur eine schmale Nische, sondern ein fast vollwertiger Sitz (mit Gurt), sodass man auch hier deutlich mehr Platz hat und auf Wunsch sogar gemeinsam essen oder Karten spielen könnte.

Das Mehr an Privatsphäre geht auf den mittleren „Honeymoon Seats“ (1E und 1F) jedoch mit zwei kleinen Einschränkungen im Airbus A330 neo einher: Einerseits hat man selbst beim Vorlehnen keine Sicht auf Außenfenster, sodass insbesondere beim Start und bei der Landung ein zumindest ungewohntes Gefühl nicht zu leugnen ist. Hier wäre es schön gewesen, wenn über den Monitor zumindest Außenkameras abrufbar wären, um das Geschehen ein bisschen besser verfolgen zu können. Ein echter Kritikpunkt ist es jedoch nicht, da man sich sehr schnell an die visuelle Abschottung gewöhnt.

Vor- & Nachteile der Flüsterkabine im ultraleisen A330neo

Wesentlicher ist jedoch die Nähe zur Galley und den beiden nach außen verbauten Schrankkommoden der Crew. Nun ist der Airbus A330neo auch für das fliegende Personal noch weitgehend neu, daher bin ich überzeugt davon, dass sich die Abläufe und vor allem Gesprächslautstärke noch mehr auf die neue „Flüsterkabine“ einstellen. Doch insbesondere auf dem Nachtflug auf dem Hinweg wurde die Schlafruhe mitunter doch von Gesprächen und Poltern aus der Küche unterbrochen.

Condor selbst bewirbt den neuen Airbus als „leiseste Kabine der Welt“ und genau das hat in der Nähe von Toiletten und Arbeitspositionen natürlich so seine Tücken. Auf dem Rückflug verhielt es sich dann ungleich anders, da die Crew sich eigeninitiativ mehrfach erkundigte, ob die Lautstärke denn ok sei und auch im Umgang mit den Schranktüren deutlich rücksichtsvoller hantiert wurde. Am Ende war es also möglicherweise auf dem Hinflug nur ein Einzelfall. Generell sollte sich das Thema jedoch schnell einpendeln. Auf den beiden Fensterplätzen (2A + 2K) sieht die Sache ohnehin anders aus, da sie durch die Bauweise deutlich geschützter sind.

Lohnt sich das Upgrade auf die neuen Prime Seats in der Condor Business Class? Je nach Reise und Komfortbedarf neige ich zu einem „es kommt drauf an“ Urteil: für 200 Euro Aufpreis pro Passagier kann man sich das Plus an Platz und Komfort ohne zu Zögern genehmigen, bei (auf unserem Hinflug aufgerufenen) 499 Euro kommt das Preis-Leistungsverhältnis langsam aber sicher in Schieflage. Nichts desto trotz sind die Prime Seats damit eine tolle Ergänzung und bieten genau das, was sie versprechen: Den besten Sitz im ganzen Flugzeug. Am Ende wird der Markt entscheiden, ob das neue Produkt eine Erfolgsgeschichte schreibt und zu welchem Preis sich dieses dauerhaft verkaufen lässt.

Was ich auf jeden Fall sagen kann: Die neue Condor Business Class setzt wirklich Maßstäbe und ist für sich genommen bereits so ein wertiges und sehr gutes Produkt, dass viele Reisende auch ohne Prime Seats hochzufrieden das Flugzeug verlassen werden. Zum stimmigen Gesamtpaket gehört natürlich auch der Service und das Thema Kulinarik. Hier habe ich (bis auf die nächtliche Akustik) keinerlei Beanstandungen, die Condor Crews waren jeweils sehr aufmerksam und überaus freundlich. Ohnehin bin ich der Meinung, dass viele Urteile über deutsche Crews oft an der Realität vorbeigehen und Kritik sehr oft auf andere Frustmomente zurückzuführen ist.

Condor Business Class: Service & Kulinarik über den Wolken

Ich selbst habe in den letzten Jahren stets herzliche und gut aufgelegte Condor-Besatzungen erlebt, die immer ein Lächeln auf den Lippen hatten und denen ich auch abgenommen habe, dass sie ihren Job gerne machen. Auch auf diesen Flügen: Das Personal war nicht nur bemüht, guten Service zu leisten, sondern tat dies auch aus voller Überzeugung. So waren die Gläser – solange gewünscht – zu keinem Zeitpunkt leer und trotz rappelvoller Business Class auf beiden Strecken kam nie ein Gefühl von Stress oder Eile auf. Im Gegenteil nahm man sich ausgiebig Zeit für Small Talks und Fachgespräche über das neue Fluggerät, das logischerweise auch bei der Crew für einige Aha-Momente sorgt.

Zum Stolz der neuen Ausstattung zählt zum Beispiel eine Espresso-Maschine, wie der Purser freudestrahlend mitteilte. Und tatsächlich – das ist im Vergleich zu manchem Filterkaffee tatsächlich ein geschmackliches Plus! Auch sonst ist das Produkt rund und bestens durchdacht. Das kulinarische Angebot auf der Langstrecke hat in der Condor Business Class schon seit einiger Zeit eine gute bis sehr gute Positionierung in Europa eingenommen. Das heißt, dass man sich auch im Vergleich zum Catering bei Lufthansa & Co. überhaupt nicht mehr verstecken braucht. Alle Gerichte waren gut portioniert, wohl temperiert und sehr geschmackvoll.

Die Weinauswahl war stimmig und von ebenfalls sehr guter Qualität. Auch Champagner wurde auf Wunsch kredenzt, hier werden derzeit Flaschen des französischen Traditionshauses Duval-Leroy ausgeschenkt. Die Vorspeisen (z.B. orientalische Hähnchen Couscous Praline mit geräucherter Rinderfiletscheibe und Lachsfilet mit Rote Beete Creme) bereiteten Vorfreude auf die sehr leckeren Hauptgänge (u.a. Italienisches Kalbssteak mit Safranrisotto) und wurden mit passenden Desserts abgerundet. Zum Frühstück wurden frische Backwaren und sogar ein gekochtes Frühstücks-Ei gereicht.

Nun werden hier zwar vor allem optisch nicht die Sterne vom Himmel gekocht und die Bordküche ersetzt auch kein Fine Dining Restaurant am Boden. Doch es sind ausnahmslos handwerklich gut zubereitete Speisen auf einem geschmacklich hohen Niveau – und genau das passt zum Gesamtauftritt.

Fazit nach zwei Langstrecken im neuen Airbus A330neo

Es weht sinnbildlich ein frischer Wind durch die Kabine, der Passagieren und Crew gleichermaßen Freude bereitet. So vergeht die Reisezeit dann wahrlich wie im Fluge und es kommt zu keinem Zeitpunkt das Gefühl auf, dass die Flugzeit an die Substanz geht. Im Gegenteil schafft es die neue Kabine, eine Atmosphäre zu erschaffen, in der es sich bestens aushalten lässt.

Die neue Condor Business Class zieht an Marktbegleitern wie Eurowings Discover um Lichtjahre vorbei und braucht sich auch vor dem ehemals großen Bruder Lufthansa keineswegs verstecken. Der weitere Flottenausbau bzw. Austausch der alten Maschinen soll nun sukzessive voranschreiten, sodass die Business Class im A330neo schon bald in wahrlich alle Himmelsrichtungen abheben wird.

Auch sonst tut sich viel. Ja, sogar die mobile App funktioniert mittlerweile, nachdem sie Jahre lang eher ein Trauerspiel ablieferte. Ich bin froh, die Frankfurter Fluggesellschaft derart erstarkt aus den schwierigen Jahren hervorkommen zu sehen. Das alles macht Condor für zahlreiche Zielen mit Direktflügen ab Frankfurt nicht nur zur denkbaren Alternative, sondern zu einer hervorragenden ersten Wahl!

Die Recherchereise nach Mauritius wurde eigenständig geplant und zu vergünstigten Travel Industry Rates gebucht, unsere professionelle Einschätzung und ehrliche Meinungswiedergabe ist hiervon wie immer unberührt. Auf die Inhalte unserer Artikel wurde und wird zu keinem Zeitpunkt Einfluss genommen. Mehr zum Thema Transparenz & Unabhängigkeit findet sich in unseren Leitlinien.

Alex
Alex

Alex Mirschel hat FINEST PLACES bereits 2010 gegründet und viele Jahre unter dem Namen Niedblog zu einem der einflussreichsten Luxus-Reiseblogs in Europa entwickelt. Seit dem Rebranding 2022 ist er unter FINEST PLACES unterwegs. Der Frankfurter Diplom-Verwaltungswirt war ursprünglich im öffentlichen Recht tätig und hielt einen Lehrauftrag als Dozent für Soziologie. Heute ist er selbstständiger Berater und Netzwerkpartner von Realizing Progress. Der Digital-Experte entwickelt Strategien, Kommunikationskonzepte und begleitet Veränderungsprozesse von Unternehmen und Destinationen.

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2 Kommentare

  1. Eva
    27. September 2023 / 14:38

    wirklich gut geschrieben – nachdem wir dieses Jahr im Januar schon mit dem neo fliegen sollten, aber dann einfach auf ein altes Fluggerät umgebucht wurden , hoffe ich, daß es kommenden Januar klappt 🙏
    ich wage aber noch nicht, mich zu freuen 🤷

    • Alex
      Autor
      5. Oktober 2023 / 08:14

      Hallo Eva,

      Die Daumen sind gedrückt!

      Viele Grüße
      Alex

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